Gottes Willen tun?

“Gott ist es, der mir widersteht. Gerade dadurch drängt er sich mir auf. Denn wenn ich ihn erfände, so würde ich ihn mir willfähriger gestalten. Gerade daran aber, daß er mich stört, daß er meine Denkgewohnheiten und meine Pläne, mein Leben nach meinem Geschmack einzurichten, umstößt, erkenne ich seine Gegenwart. Diesem Paradox sehe ich mich gegenüber... Indem ich mich vergeblich bemühe, ihn meinem Willen anzupassen, lerne ich ihn erkennen. Schließlich wird er mich lehren, ihn zu lieben, indem ich meinen Willen dem seinen zu beugen suche”

J. Daniélou

Woher nehmen wir die Maßstäbe für unsere Entscheidungen? Aus dem was vernünftig ist? Aber oft zeigt sich im Laufe der Zeit, daß unsere vermeintliche Vernunft sehr voreingenommen war. Aus dem, was uns glücklich macht oder doch zumindest zufrieden? Aber wissen wir das überhaupt? Das Gute und Richtige und damit auch Glücklich-machende liegt nicht auf der Hand und diese Tatsache kann gerade für Menschen, die verantwortungsbewußt sind, eine große Sorge sein.

Als Christen fragen wir darüber hinaus: Was ist Gottes Wille in dieser Situation? Wohin soll es nach seinem Plan mit mir, mit unserer Gemeinschaft, unserer Familie, unserer Welt gehen? Und wir beten: „Dein Wille geschehe“ (meinen wir das immer ganz ehrlich?).

Was ist Gottes Wille, wie erkennt man ihn?

Darauf gibt es keine einfache Antwort (auch wir im Kloster haben keine), sondern nur den Hinweis der Bibel, daß man Gott und seinen Willen „suchen“ muß und das nicht für eine begrenzte Zeit, sondern ein Leben lang. Wäre es anders, wäre Gott eine Art Automat, in den man eine Frage einwirft und der dann die passende Antwort ausspuckt. Gott aber ist lebendig – lebendiger als wir selbst – und sein Wille hängt nicht über uns wie ein seit Ewigkeit feststehender Plan, sondern ist immer neu, immer heute.

Gottes Wille zeigt sich in meinen Neigungen und Talenten, in meiner Vernunft, in den Menschen, die auf mich zukommen, in den Situationen, in die ich mich gestellt sehe, er zeigt sich aber auch in meiner Schwäche, dort, wo ich müde und überfordert bin, in den Mißerfolgen meines Lebens.
Wer sagt denn, daß innerer Friede der Sinn des Lebens ist? Mittragen der Verlorenheit, Zerrissenheit, des Zweifels einer Zeit kann auch Gottes Wille sein.

Gottes Willen zu erkennen, setzt Hören voraus, ein offenes Lauschen auf das Wort der Bibel, auf Menschen, Dinge und Ereignisse. Nicht immer schon wissen, was das Richtige ist, sondern Zulassen der eigenen Ohnmacht und Unsicherheit, gehört zu diesem Hören. „Selig, die arm sind vor Gott.“

Gottes Wille ist das Geschenk einer Liebe, die sich mitteilt. Man kann ihn nicht skeptisch beurteilend empfangen, sondern nur in Sehnsucht erwarten. Und obwohl man niemals jemandem beweisen kann, das dies oder jenes der Wille Gottes ist, kann man hin und wieder mit großer Klarheit (und Freude) wissen, was Gott jetzt und hier von uns (von mir) will und hoffen, er werde auch die Kraft dazu geben.

Äbtissin Christiana Reemts, Abtei Mariendonk